Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der FWG
anlässlich der Sitzung des Stadtrates vom 02.12.2010
Ein Zitat des amerik. Schriftsteller Erskine Caldwell
lautet:
Eine gute Regierung ist wie eine Verdauung, solange sie funktioniert, merkt
man von ihr kaum etwas. Das nahezu abgelaufene Jahr 2010 war allerdings eher
geprägt von einer Verdauungsstörung innerhalb von CDU, FDP, WG Dr. Magin.
Wichtige Entscheidungen wurden nicht getroffen und aufgrund zahlreicher
Prüfungsanträge verzögert. Prüfung von Alternativen kommen uns im Endeffekt
teuerer, als das Original. 2010 war im nachhinein ein verlorenes Jahr,
welches uns unterm Strich viel Geld kosten wird.
Die KITA „Am ‚Wald“ schlägt letztendlich mit 665.000,00 € anstelle der von
Beginn an mit ca. 525.000,00 € kalkulierten Kosten zu Buche. Dies macht eine
Kostensteigerung von 24,7 % innerhalb eines Jahres aus (Quelle: Stadtrat vom
26.8.10, Top 6). Diese Mehrkosten haben wir der Fraktion der Liberalen und
ihrer wechselnden Abstimmung zu verdanken.
Das nächste Projekt im KITA-Bereich ist das „Haus des Kindes“, welches uns
als kostengleiches Projekt mit der KITA “Am Wald“ verkauft wurde. Aufgrund
der groben Schätzung i. H. von ca. 570.000,00 €, einer zwischendurch
berichtigten Schätzung i. H. von 985.000,00 € belaufen sich die derzeitigen
Gesamtkosten auf nunmehr ca. 1,28 Mill. €. Das Ende der Fahnenstange ist
wohl nicht abzusehen, wenn dem Architekten urplötzlich neue Erkenntnisse
einfallen, welche er aus irgendwelchen Gründen nicht berücksichtigt hatte.
Hier hätte die Verwaltung dem Architekten besser auf die Finger sehen und
bestimmen müssen, wie die Erweiterung der KITA „Haus des Kindes“ zu erfolgen
hat. Der Architekt plant natürlich, wenn keine Vorgaben gemacht werden, das
Maximum. Dies schlägt sich im Endeffekt auch auf sein Honorar nieder. Aber
man muss ja auf Teufel komm raus mit dem Kopf durch die Wand und Stärke
beweisen. In diesem konkreten Fall hätte man den Architekten in die Wüste
schicken sollen und die Planung wettbewerbsmäßig ausschreiben müssen. Auf
Anregung des FWG-Kollegen Franz Sattel befasst sich ein runder Tisch mit
Einsparungen bei der Planung der KITA „Haus des Kindes“. Wir sind
zuversichtlich, dass Einsparpotential vorhanden ist.
Als Alternative zu dem Projekt „Haus des Kindes“ hätte man von Beginn an die
Neuerichtung eines neuen Kindergartens im „Großen Garten“ beschließen
müssen, auch bereits jetzt schon im Hinblick auf den Rechtsanspruch der
1-jährigen ab 2013. Dieser Standort im „Großen Garten“ ist für junge
Familien ideal, weil eben dort sich die jungen Familien niederlassen. Mit
den Ausgaben i.H. von derzeit 1,3 Mill. € für die Kita „Haus des Kindes“
wäre der neue Kindergarten bereits zur Hälfte finanziert. Weiteres
Einsparpotenzial ist auch die Nichterweiterung des Kindergartens Herz Jesu.
Dieser sollte lediglich saniert und auf den aktuellen Stand gebracht werden.
Der Wunsch einer Frischküche wurde aktuell mit einem Geldbetrag i. H. von
ca. 250.000,00 € angemeldet. Der Sanierungsstau macht sich nun nach 45
Jahren bemerkbar. Hier hätte die Kirchengemeinde bereits früher handeln
müssen. Jeder Hausbesitzer weiß doch, dass sich jahrzehntelange Versäumnisse
am Gebäude rächen und die Kosten in die Höhe treiben.
Auch der neue Kindergarten St. Jakobus, ehemals St. Franziskus und St.
Sebastian, wird uns nach dem Einbau einer Belüftungsanlage weitere
162.000,00 € kosten, somit insgesamt aktuell 1.060.000,00 €. Diese Maßnahme
war ursprünglich mit ca. 700.000,00 € geplant, anschließend auf 811.000,00 €
(Sitzung des Stadtrates vom 26.03.2009) und schließlich mit ca. 900.000,00 €
nach oben korrigiert worden. Auch diese Kröte werden wir vermutlich
schlucken müssen. Die Sonderwünsche erinnern an ein Wunschkonzert nach dem
Motto: „Sie bestellen, wir bezahlen.“
Ein weiterer kostenträchtiger Punkt stellt die Ganztagesschule Nord dar,
deren Ausgaben sich auf ca. 3 Mill. € belaufen werden. Wenn wir die
Ganztageschule haben wollen, gibt es für dieses Projekt keine Alternative.
Glücklicherweise ist, abgesehen vom Neubau der Mensa, der Stadtrat
parteiübergreifend für diese Einrichtung, so dass wir auch die Mehrkosten
von 1 Mill. € in Kauf nehmen werden. Die Mensa ist dabei nicht eingeplant.
Dem Prüfungsantrag der WG Dr. Magin, die Mensa in das Gemeindezentrum St.
Jakobus auszulagern, sollten wir nicht folgen. Die Fraktion der FWG
favorisiert den Anbau der Mensa auf dem Gelände der Ganztagesschule. Ein
evtl. Kauf des Gemeindezentrums St. Jakobus sowie die energetische Sanierung
und entsprechender Umbau für die Kinder käme uns teuer zu stehen. Gewinner
dieser Aktion wäre die Kirchengemeinde St. Jakobus, sie hätte künftig ein
kostenträchtiges Problem weniger und die Stadt dafür ein Problem mehr. Die
genannten 30.000,00 € zur Sanierung des Gebäudes und der kindgerechten
Umgestaltung reichen bei weitem nicht aus. Von groben Schätzungen haben wir
genug und hinlänglich unsere Erfahrungen gemacht.
Prüfungen von Alternativen waren bisher nicht vom Erfolg gekrönt, sondern
haben, wie bereits eingangs erwähnt, bisher immer Mehrausgaben verursacht.
Hinsichtlich der Salierstraße. wird der 1. Kreisbeigeordnete nun sein
ursprüngliches Vorhaben, den Bau eines gegenläufigen Fahrradweges, umsetzen
können. Dies war letztendlich ohne Prüfung von alternativen Möglichkeiten
nur mit Hilfe des Arbeitskreises Salierstraße und des Landesamtes für
Mobilität nur nach den Modalitäten des 1. Kreisbeigeordneten möglich. Dies
ist insoweit bedauerlich, dass hier eine wirkliche attraktive Umgestaltung
im Sinne der Optik und der Verkehrssicherheit verpasst wurde, weil man eben
nur diese Variante wollte. Es bleibt abzuwarten, wann nach der
Fertigstellung der Salierstraße Bedenken und Beschwerden bzgl. der
Verkehrssicherheit erhoben werden. Werte Mitglieder der Fraktionen von CDU,
FDP, WG Dr. Magin, bisher wurden immer nur Alternativen verlangt, warum
keine in der Salierstraße. Der gegenläufige Fahrradweg in Dannstadt,
Hauptstraße lässt grüßen. Übrigens schlägt dies bei unserem kommunalen
Haushalt mit 530.000,00 € zu Buche, auch wenn ein Teil über wiederkehrende
Beiträge bei den Grundbesitzeigentümern refinanziert wird.
Für die Fraktion der FWG ist es enttäuschend, dass die Umbaumaßnahmen in der
Innenstadt im Hinblick auf die Sanierung der Salierstraße lt. dem heutigen
Beschluss erneut zurückgestellt werden soll, ein weiteres verlustreiches
Jahr für unseren Stadtkern und unseren Einzelhandel.
Auf Antrag der FWG wurde ein Einzelhandelskonzept eingeholt, da es in
unserer heutigen Wirtschaftslage unerlässlich ist, auf solche Erkenntnisse
zu verzichten. Auch im Hinblick auf das LEP IV ist eine solche Studie
hilfreich und als Ergänzung zu sehen. Ein Patentrezept für Einzelhandel und
Gewerbe konnte allerdings das beauftragte Büro nicht liefern. Die
Erkenntnisse des Büros sind uns bereits weitgehend bekannt und geben nicht
viel Neues her. Vielleicht hatten wir auch unsere Erwartungen zu hoch
gesteckt.
Ein Gewinn für die Innenstadt ist das nunmehr fertig gestellte Projekt
Bahnhofstr. 4-6 mit einer Geschäftsstelle der Sparkasse, Büros mit
Rechtsanwälten, Werbeagentur und zahlreichen altersgerechten und
kostengünstigen Wohnungen. Es war ein steiniger Weg verbunden mit vielen
Querschlägen und Hindernissen seitens von CDU, FDP, WG Dr. Magin., die
dieses Projekt immer wieder in Frage stellten und verzögerten. Erfreulich
ist es, dass heimische Unternehmer in Schifferstadt investieren und nicht
auswärts ihre Bauprojekte planen.
Im Frühjahr diesen Jahres wurde erstmalig ein runder Tisch mit Vertretern
aller Fraktionen im Stadtrat gebildet, welche sich mit dem kommunalen
Haushalt, vor allem mit dessen Einsparmöglichkeiten beschäftigen sollte. Ein
schweres Unterfangen, vor allem im Hinblick auf die Kostenlawine, die
unablässlich mit stetig steigenden, unaufhaltbaren Ausgaben vor allem im
Sozialbereich auf uns niederprasselt. Das Konexitätsprinzip wurde im
Hinblick auf Wahlversprechen der Regierungsparteien, egal welcher
Zugehörigkeit, in Berlin und Mainz unterlaufen. Glücklicherweise gibt es
mittlerweile eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in Münster,
wonach Bund und Land finanziell für die Kommunen in NRW nachbessern müssen.
Dieses Urteil ist eine Präzedenzentscheidung und Signalwirkung für die
anderen Bundesländer. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Bundes- bzw.
Landesregierungen im Hinblick auf dieses Urteil verhalten werden oder wie
üblich die Vogel-Strauß-Taktik bevorzogen.
Für das Jahr 2009 muss die Stadt Schifferstadt mit ca. 570.000,00 € aus dem
Garantievertrag haften. Es ist erfreulich, dass die Sparkasse Vorderpfalz
ebenfalls Interesse bekundet, die einmalige Geschichte der ehemaligen
Sparkasse Schifferstadt gütlich zu Ende zu bringen.
Die Beauftragung des Sparkassen- und Giroverbandes als objektive
Sachverständige ist der richtige Weg, noch ausstehende Forderungen zu prüfen
und mit einer abschließenden Geldsumme in den Verhandlungen auf einen Nenner
zu kommen. Die grundsätzliche Bereitschaft der Stadt sowie der Sparkasse
Vorderpfalz ist jedenfalls für diesen Schritt gegeben.
Ein Politikum der Extraklasse vertritt das Weiße Haus in der Mühlstraße.
2007 hätte man das Gebäude samt angrenzendem Grundstück für 515.000,00 € an
zwei Erwerber verkaufen können. Dank einer Beschwerde damals bei der
Kommunalaufsicht seitens der CDU-Fraktion wurde der Verkauf verhindert und
ein Gutachten vom Gutachterausschuss eingefordert. Der Wert der Immobilie
wurde schließlich auf insgesamt ca. 670.000,00 € geschätzt. Auf Anweisung
der Kommunalaufsicht wurden die Beschlüsse zur Veräußerung aufgehoben. Ein
Antrag der FWG-Fraktion, mit den bisherigen Kaufinteressenten erneut Kontakt
aufzunehmen, wurde im September 2009 mit der Mehrheit von CDU, FDP, WG Dr.
Magin in den Werksausschuss verwiesen, aber nicht weiter verfolgt. Weiter
verfolgt wurde stattdessen ein Kaufangebot eines Interessenten, für das
gesamte Anwesen schließlich 360.000,00 € zu bieten, wobei der weitere Schutz
des historischen Gebäudes „Weißes Haus“ als ehemaliges Rathaus nicht
gesichert ist. Dies bedeutet bisher ein weiterer Verlust von ca. 150.000,00
€ zzgl entgangener Zinsen. Wir dürfen gespannt sein, ob Angebote aufgrund
der Ausschreibung der Immobilie jenseits von 515.000,00 € abgegeben werden.
Ebenfalls gespannt dürfen wir sein, wie die Angelegenheit Netzvertrieb und
Thüga enden wird. Gelder in Millionenhöhe haben wir zum Erwerb des Netzes
nicht. Der Verkauf der THÜGA von EON und die Umstrukturierung hat uns
bereits Rückzahlungen von Gewerbesteuern i. H. ca. 800.000,00 € gekostet.
Das ganze war bisher einen Schuss in den Ofen und das Vorhaben einer evtl.
Übernahme des Gasnetzes vielleicht auch eine Nummer zu groß.
Fazit dieses Jahres ist aufgrund der lässigen Regierungsarbeit der Verlust
von einigen Hunderttausend Euro.
Wir sind in unserem Haushalt für das Jahr 2011 für den sozialen
Pflichtbereich derart geknebelt, dass wir keine weitere Handlungsfreiheit
haben werden. Auch die Kreisumlage in. H. von ca. 6 Mill. € sowie der
Beitrag zum Fond der Deutschen Einheit i. H. von 90.000,00 € sind
schließlich kein Pappenstiel. Im investiven Bereich, vor allem für Schulen
und Kindergärten leistet die Stadt Auszahlungen i. H. von ca. 9 Mill. €.
Trotz der Zuschüsse i. H. von c a. 3,4 Mill. € verbleiben unterm Strich noch
ca. 5,7 Mill €, die zu finanzieren sind.
Die Fraktion der FWG wird sich dem Haushaltsplan 2011 mit all seinen
Zusätzen sowie dem Stellenplan enthalten.
Es gibt einzelne Punkte die unser Gefallen finden, die überwiegenden Punkte
aber nicht.
Abschließend möchte ich mich bei dem Herrn Bürgermeister, bei den
Beigeordneten, den Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit
bedanken. Meinen Dank gilt vor allem dem Stadtkämmerer Albrecht Kolb, der
wie jedes Jahr bei der Erstellung des Haushaltsplanes sowie den
Haushaltssitzungen Höchstleistungen vollbringt und dessen Geduld sicherlich
in großem Maße gefordert ist. Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen sowie
allen Schifferstadter Bürgern ein friedliches Weihnachtsfest sowie ein gutes
Neues Jahr.
Dieter Weißenmayer
Fraktionsvorsitzender der FWG
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